Als analytischer Kinder- und Jugendlichentherapeut fühle ich mich dem Credo der Psychoanalyse verpflichtet, sich als moderne, vielstimmige Wissenschaft, weiter um die Aufklärung unbewusster Prozesse zu bemühen. Gleichermaßen möchte ich als Analytiker diesem Anspruch auch in meiner praktischen Tätigkeit gerecht werden, indem ich innerhalb des therapeutischen Dialogs empänglich für die oftmals verschlüsselten Botschaften bin, die ihren Weg in die therapeutische Beziehung finden. Mein persönlicher Ansatz ist einer des von Wohlwollen aber auch unbestechlicher Reflexion getragenen Prozesses des Verstehens und Durcharbeitens dessen, was sich in der Beziehung zwischen mir und dem Patienten (m/w/d) zeigt.
Die Psychoanalyse (sowie die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) ist eine vom wissenschaftlichen Beirat der Bundespsychotherapeutenkammer anerkannte Behandlungsmethode, die davon ausgeht, dass oftmals unbewuste seelische Konflikte, sowohl das emotionale, als auch das körperliche Wohlbefinden beeinflussen und die Entwicklung beeinträchtigen können. Solche unverstandenen, bislang unaufgelösten inneren Widersprüche, die wir alle in uns tragen, suchen in Gestalt eines Symptoms oder einer immer wiederhergestellten Situation ihren Weg, wenn auch noch verschlüsselt, in das zwischenmenschliche Geschehen. Durch diese Manifestationen und Reinszenierungen wird eine Bearbeitung und Neuübersetzung des Konflikt-materials möglich. Symptome verweisen damit letztlich auf eine Kompromissbildung, bei welcher nicht nur die weitere Entwicklung verhindert und abgewehrt wird, sondern auch das fragile Selbst vor einem weiteren Voranschreiten und dem damit einhergehenden, unter diesen jetzigen Umständen das Selbst überfordenden Entwicklungschritt beschützt wird. Gleichsam bleibt so die Möglichkeit einer verbesserten Konfliktbewältigung im Sinne einer erhöhten Toleranz und Ambivalenzspannung gegenüber den verschiedenen Strebungen erhalten. Daher gilt es aus meiner Sicht mit der im Grunde demnach völlig zu Recht vorhandenen, im Laufe der therapeutischen Arbeit nachvollziehbar werdenden Abwehr zu arbeiten, anstatt gegen sie und diesen Widerstand somit in all seinen regressiven Anteilen aber auch dem darin enthaltenen nach vorne weisenden, progressiven Potenzial zu verstehen.
Das Ziel der therapeutischen Arbeit ist es, über das Einlassen auf die therapeutische Beziehung und die Analyse des Beziehungsgeschehens, das sich immer auch dialogisch in beide Richtungen herstellt, ein Verständnis für diese Konflikte zu entwickeln und die Bedeutung der Beziehungsbotschaften zu entschlüssen, die sich darin verbergen. So wird aus der Beziehung heraus ein innerer Raum für die Welt des Patienten in der Psyche des Therapeuten aufgemacht. Auf dieser Grundlage kann die bestehende Abwehr gelockert und der bislang unverstandene innere Widerspruch dem Patienten im Verlauf der Therapie zugänglich gemacht werden. Patient*innen können sich so selbst besser erkennen und lernen, über die eigenen Motive und das eigene Verhalten nachzudenken. Dies ist meist ein komplexer, langwieriger, stets auch in ganz eigenen Bahnen ablaufender Prozess, der von vielerlei Widerstand begleitet wird. Um diese Hemmnisse und die unvermeidbaren gemeinsamen Verstrickungen im Dialog immer wieder zu erkennen und zu überwinden, muss der Therapeut auch eigene blinde Flecken und unbewusste Widerstände weiter ausleuchen. Nur so kann eine dauerhafte Verwicklung vermieden und neuer Entwicklungsraum aufgemacht werden. Wirklich neue Beziehungserfahrungen werden möglich und die unterbrochene, aktuell blockierte Entwicklung des Selbst kann wieder vermehrt aufgenommen werden.
Die Therapie soll dem Kind, dem Jugendlichen und dem jungen Erwachsenen einen geschützten Raum bieten, in dem sie/er/divers sich mit all den zum Teil sich scheinbar widersprechenden Gefühlen und Gedanken, unvoreingenommen gehalten fühlt. Vor diesem Hintergrund einer vertrauensvollen Beziehung kann allmählich Belastendes und Beängstigendes zugelassen werden. So kann das bislang Unsagbare im Prozess gemeinsamer Symbolisierung und Sprachwerdung allmählich Gestalt annehmen.
Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass Therapeut und Patient sich in einem geschützten Rahmen und Raum begegnen, sie sich aber gleichsam nicht in einer Blase befinden. Auch sie sind eingebettet in größere Zusammenhänge, in die Realität der äußeren Welt - und diese gilt es in mir mitzudenken und lebendig zu halten. Wir sind alle Kinder unserer Zeit und unserer Kultur. Diese Tatsache gilt es anzuerkennen und mehr und mehr im Sinne einer gemeinsamen Reflexion und Auseinandersetzung begreifbar werden zu lassen. Neben der Beziehung und ihrer Analyse aus ihr selbst heraus, stellt diese kulturanalytische Perspektive ein zentrales Selbstverständnis meiner Arbeit dar. Um die innere Welt zu verstehen und uns in dieser zu verorten, müssen wir verstehen in welcher Welt wir leben und wie diese in uns lebt. Bleibt die kritische Reflexion bestehender Strukturen unberücksichtigt, läuft man Gefahr, sein Gegenüber, und auch sich selbst, allein zum möglichst reibungslosen "Funktionieren" zu bringen. Der Mensch entwickelt sich aber eben in der lebenslangen Auseinandersetzung mit dem Möglichkeitsraum, welches das Umfeld ihm zur Verfügung stellt. Dieser Raum kann im günstigen Falle mehr und mehr in einem wirklichen Dialog aktiv mitgestaltet werden, er ist aber immer auch begrenzt. Die Selbstwerdung des Menschen beinhaltet daher immer auch ein lebenslanges Abstimmen eines "Nein" und eines "Ja" gegenüber seiner Umwelt und innerhalb seiner Kultur. Aus der vormals meist unverstandenen, gemeinsamen Verwicklung heraus, kann so allmählich Autonomie und zugleich Bezogenheit auf die Umwelt in der lebendigen Beziehung zu Anderen erwachsen - in einer neuen Form des Miteinanders.
Kinder
Kinder drücken ihre Konflikte meist sehr direkt, sprich unreflektiert und unvoreingenommen über das Spielen und szenische Darstellungen aus. Den Bedeutungsgehalt des Spielmaterials zu entschlüsseln und im eigenen sich erweiternden inneren Raum durchzuarbeiten, kann nur geschehen, wenn es gelingt, eine vertrauensvolle Beziehung zueinander aufzubauen, welche mit der Zeit auch Widersprüchliches und Ambivalenz in den Blick zu nehmen vermag.
Jugendliche und junge Erwachsene
Hier steht eher das Gespräch im Vordergrund. Es können aber auch hier kreative und gestalterische Methoden angeboten werden und in der Arbeit eingesetzt werden.
Eltern bzw. Bezugspersonen
Eltern und primäre Bezugspersonen haben eine zentrale Bedeutung für den Erfolg eines psychotherapeutischen Prozesses von Kindern und Jugendlichen. Nur mit ihrem Einverständnis und Wohlwollen ist der therapeutische Raum geschützt. Dies ist alles andere als selbstverständlich. Durch den Veränderungsprozess, der durch die Therapie angestoßen wird, tauchen oftmals eigene Widerständen zu Tage, die es gemeinsam im Rahmen der begleitenden Elternarbeit in den Blick zu nehmen und zu verstehen gilt. So kann die Möglichkeit erweitert werden, über sich selbst bezogen auf das eigene Kind nachzudenken. Auch hier geht es mir in erster Linie um das zugewandte, möglichst unvoreingenommene, kritisch neugierige Verstehen von Ambivalenz und noch unverstandenen und unbewussten Zusammenhängen - all dies eingebettet in eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung.